Schiedsgutachten

Ein Schiedsgutachten ist ein Instrument zur außergerichtlichen Streitbeilegung, das auch und insbesondere im Baurecht Anwendung findet. Es dient dazu, technische oder fachliche Fragen durch einen neutralen Sachverständigen klären zu lassen. Die Parteien eines Bauvertrags einigen sich darauf, die Entscheidung über eine strittige Angelegenheit nach einem Schiedsgutachten verbindlich anzuerkennen. Dies ist vor allem bei Meinungsverschiedenheiten über Qualitätsstandards, Mängel oder die Ausführung von Bauleistungen der Fall, wenn ein Rechtsstreit vermieden werden soll.

Die rechtliche Grundlage für das Schiedsgutachten findet sich in den §§ 317 bis 319 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Regelungen betreffen die Bestimmung der Leistung durch Dritte und sind auf das Schiedsgutachten anwendbar. Die Parteien vereinbaren vertraglich, dass eine bestimmte Streitfrage durch einen Sachverständigen geklärt wird und wählen gemeinsam einen oder mehrere unabhängige Sachverständige mit entsprechender Fachkompetenz. Der Sachverständige prüft die Streitfrage und erstellt ein Gutachten. Dabei können Begehungen, Untersuchungen und die Einholung weiterer Expertisen notwendig sein. Das Gutachten ist für die Parteien verbindlich, es sei denn, es stellt sich als offensichtlich unrichtig heraus oder es wurden wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt.

Im Baurecht wird das Schiedsgutachten häufig in Situationen wie Qualitätsstreitigkeiten, Mängelbewertungen und Nachtragsforderungen eingesetzt. Bei Differenzen über die Ausführung und Qualität von Bauleistungen, zur Klärung, ob und in welchem Umfang Mängel an einem Bauwerk bestehen oder bei Unstimmigkeiten über die Berechtigung und Höhe von Nachtragsforderungen, kann ein Schiedsgutachten entscheidend sein.

Es bietet mehrere Vorteile, durch ein Schiedsgutachten ein gerichtliches Verfahren zu umgehen. Es ermöglicht schnellere Verfahren als Gerichtsprozesse, senkt die Verfahrenskosten und Entscheidungen werden von sachkundigen Experten getroffen, was zu einer verbindlichen Klärung der Streitfrage führt. Es gibt jedoch auch Nachteile. Die Bindung an das Gutachten bleibt bestehen, selbst wenn es unter Umständen unrichtig ist, und die Kosten des Sachverständigen müssen von den Parteien getragen werden. Außerdem hängt die Qualität des Gutachtens maßgeblich von der Fachkenntnis und Unparteilichkeit des Sachverständigen ab.

Schiedsgutachten: Alternative zum Schiedsgericht

Das Schiedsgutachten und das Schiedsgericht unterscheiden sich, obwohl beide der außergerichtlichen Streitbeilegung dienen. Das Schiedsgutachten klärt technische oder fachliche Fragen, während ein Schiedsgericht rechtliche Streitigkeiten entscheidet. Ein Schiedsgutachten wird von einem Sachverständigen erstellt, während ein Schiedsverfahren formeller ist und von Schiedsrichtern ähnlich einem Gerichtsprozess durchgeführt wird. Ein Schiedsspruch kann nur unter engen Voraussetzungen angefochten werden, ein Schiedsgutachten hingegen bei offensichtlicher Unrichtigkeit oder Verfahrensfehlern. Die Beziehung zum Schiedsgericht zeigt, dass es sich hierbei um unterschiedliche, aber ergänzende Instrumente der außergerichtlichen Streitbeilegung handelt.

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